28. Juli 2020

Das neue Willkommenheißen! Was wir über Remote-Onboarding gelernt haben

Anika Szollár über Remote Onboarding in Zeiten von Corona.
Remote-Onboarding stellt unsere bisherigen Strukturen auf den Prüfstand und fordert von allen Beteiligten mehr Engagement.

Wer in den vergangenen Monaten einen neuen Job angefangen hat, der hat das unter Umständen von zuhause aus getan. Ohne großes Hallo und frische Blumen. Das Remote-Onboarding stellt unsere bisherigen Strukturen auf den Prüfstand und fordert von allen Beteiligten mehr Engagement. Doch wir sind uns dadurch auch noch mehr bewusst geworden, worauf es beim Willkommenheißen neuer Mitarbeitenden wirklich ankommt.

Jobzusage, Vertragsunterzeichnung, Hurra – und dann erstmal: drei Monate nichts vom neuen Arbeitgeber hören? Am ersten Arbeitstag hat keiner wirklich Zeit? Und das Arbeiten kommt recht zäh in die Gänge? Zugegeben, das sind jetzt die extremen Onboarding-Erfahrungen. Aber auf die ein oder andere Art haben viele schon mal schwierige Momente beim Start in einen neuen Job erlebt. Wie soll das dann bitte erst remote funktionieren?

Schon vor der Corona-Homeoffice-Zeit kündigte mehr als jeder Zehnte in den ersten 100 Tagen im neuen Job. Satte 15 Prozent haben schon mal direkt am ersten Arbeitstag an eine Kündigung gedacht. Wenn man einmal bedenkt, dass das Besetzen einer neuen Stelle ein Unternehmen im Schnitt mehrere zehntausend Euro kostet und es an vielen Stellen immer schwieriger wird, geeignete Mitarbeitende zu finden, dann lohnt es sich, Zeit und Mühe in einen guten Onboardingprozess zu stecken.

Herzlich willkommen! Schön, dass Du dort bist!

In unseren Agenturen konnten wir in den vergangenen drei Monaten 45 neue Kolleginnen und Kollegen begrüßen. Oft aus der Ferne. Remote-Onboarding ist für die meisten völliges Neuland. Dabei schärft sich das Bewusstsein für ein gutes Onboarding insgesamt. Wir haben fünf Learnings ausgemacht:

  1. Kommunikation, Kommunikation und vor allem: Kommunikation! Ganz egal, wie und wo, am Anfang geht es immer darum, sich möglichst schnell sozial ins Team zu integrieren. Machen wir uns nichts vor – den kurzen Schnack an der Kaffeemaschine im Büro oder das schnelle Fragenstellen über den Schreibtisch hinweg kann man digital nicht wirklich ersetzen, Apps hin oder her.
    Aber man kann wirklich das Beste draus machen, bis das wieder möglich ist. Daher gilt es, ein Maximum der sozialen Möglichkeiten zu nutzen, eine kommunikative Grundstimmung aufrecht zu erhalten: mit Daily Check-ins im Team, bei denen es sich nicht nur um Arbeit, sondern auch um Persönliches dreht. Oder eben Virtual Hangouts, in denen die neuen Kollegen über den Tag verteilt immer wieder andere Kollegen antreffen und einen kurzen Schnack oder eine schnelle Frage loswerden können. Beim Chat-Roulette immer mal wieder andere Teammitglieder kennenlernen – auch eine Möglichkeit. Gefreut haben sich viele Neustarter bei uns darüber, dass Offline-Institutionen wie gemeinsames Lunch oder Schnaps-Mittwoch auch virtuell weitergeführt werden. Es muss nicht alles von jedem genutzt werden, aber es sollte für alle da sein.
  2. Jemand zum Reden! Noch viel wichtiger als im „normalen“ Büroleben sind jetzt feste Ansprechpartner. Wir hatten bislang kein formales Buddy- resp. Mentoren-Programm für die Einarbeitung neuer Kollegen. Doch durch die besondere Situation haben sich solche Tandems bei unseren Agenturen praktisch von selbst gebildet. Warum: weil es Sinn macht. Von Menschen lernen Menschen am besten. Das werden wir auch in Zukunft genauso weiterverfolgen.
  3. Ohne IT? Keine Chance! In diesem Punkt wurde uns erleichternd klar, wie gut wir hier bereits aufgestellt waren. Denn ohne den pünktlich per Kurier gelieferten Laptop und entsprechenden Remote-Support bei der technischen Einarbeitung hätten unsere neuen Kollegen schlichtweg nicht starten können. Ein Hoch auf das, ja fast schon unheimlich visionäre, IT-Team, das schon Anfang des Jahres vorsichtshalber mal einige Laptops mehr bestellt hat, bevor Corona zu Lieferengpässen führte.
  4. Agency is coming home! Die Onboarding-Mappe schon vor dem ersten Arbeitstag nach Hause geschickt bekommen – schon mal ein guter Anfang. Es sollte den Menschen klar werden, dass sie ab jetzt nicht nur wieder an ihren Schreibtisch gehen, sondern gewisser Maßen eine neue Agentur – mit Motivation und neuem Schwung – betreten. Es gilt, Identität und Gruppenzugehörigkeit zu stärken: das Care-Paket mit Süßigkeiten und Incentives, die von den Mitarbeitenden erstellte Gute-Laune-Playlist. Diese Kleinigkeiten helfen, die Unternehmenskultur remote zu vermitteln.
  5. Grenzenlos virtuell. Damit sich Neueinsteiger auch über die eigenen Standorte hinaus kennenlernen und die Agenturgruppe als Ganzes besser verstehen, veranstalten wir seit neuestem in regelmäßigen Abständen Onboarding-Events – jetzt dann halt virtuell. Natürlich lässt sich so ein Event in-real-life intensiver gestalten als via Videokonferenz und Chatgruppe. ABER: Der Aufwand für die Teilnehmenden wird auch geringer. Wir können nun statt zuletzt 21 neuen Menschen jetzt sogar 60 problemlos direkt zusammenbringen. Für die langfristige Vernetzung ein großer Gewinn.

Soweit, so gut. Vieles lässt sich virtuell allerdings nicht ersetzen: Wie sieht mein Arbeitsplatz in der Agentur aus? Über was reden die Kollegen so? Fühle ich mich da räumlich und atmosphärisch richtig wohl? Wie schmeckt denn da Kaffee im Büro? Für die meisten Menschen beeinflussen solche Details das Urteil über den neuen Job.

Jetzt, wo wir alle langsam wieder in die Büros zurückkommen, wird es in dieser Hinsicht ein zweites Ankommen, ein zweites großes Hallo, geben. Und auch das will richtig begleitet werden. Auch da werden wir alle wieder Neues dazulernen.

Noch mehr geben – noch mehr bekommen.

Gerade dort, wo klassische Hierarchien keine Rolle mehr spielen und jeder mehr Verantwortung übernehmen muss, entwickeln sich auch im Onboarding ganz neue Zuständigkeiten, wachsen Menschen in neue Rollen hinein.

Wir hoffen natürlich, dass in der zweiten Jahreshälfte die meisten neuen Kollegen wieder „ganz normal“ im Büro starten können. Aber es wird weiterhin wichtig bleiben, remote-fähig zu sein. Wir werden dezentrales Arbeiten insgesamt weiter ausbauen – und der Onboarding-Prozess muss sich in diese Entwicklung einpassen. Vieles was wir in den vergangenen Monaten organisch gelernt haben, nehmen wir hier gerne mit – allen voran: erfolgreiches Ankommen neuer Kollegen lebt von der investierten Zeit und von der Offenheit aller Beteiligten. Diese vielen positiven Erfahrungen werden unser Onboarding zukünftig noch stärker machen.

Also, Willkommen im Job und schön, dass ihr da seid! Ganz egal, ob remote oder im Büro.

Dieser Artikel von Anika Szollár erschien zuerst als Gastbeitrag in der New Business 30/2020.

Beitrag Teilen:

Aktuelle Beiträge