22. Juli 2020

Neuer Job, erster Arbeitstag: „Ich bleib zu Hause!“

Wie fühlt sich Remote Onboarding in Zeiten von Corona an? Jessica Reimann berichtet.
So fühlt sich Remote Onboarding für unsere neuen Mitarbeitenden an.

von Jessica Reimann

 

Wenn die ganze Welt auf kreative Alternativen umstellen muss und mein neuer Arbeitgeber seit je her nach seiner Unternehmens-Philosophie Kreativiert Euch! lebt, habe ich das große Los gezogen. Trotz der Verlegung meines Onboarding-Prozesses nach Hause, fehlte es mir an nichts. Von zugeschickten Carepaketen mit Luftballons schon vor dem ersten Arbeitstag bis hin zum digitalen Feierabendbier mit den neuen Kolleg*innen wurde an alles gedacht. Alles etwas anders, aber es zeigt sich, dass so eine radikale Umstellung auch etwas Positives mit sich bringen kann. Da fühlt man sich beim neuen Arbeitgeber direkt wie zu Hause.

MEHR ALS NUR ARBEIT

Während mein Vorstellungsgespräch noch im Hamburger Büro der Hirschen Group stattfand, fiel mein Start und der dazugehörige Onboarding-Prozess bei der Hirschen Group schon in die Mobile-Office-Zeit und fand damit direkt in meinem Wohnzimmer statt.

Schon ein paar Tage vor dem ersten Arbeitstag ging es los mit der Einrichtung meines Arbeitsplatzes. Den ersten Kontakt hatte ich mit dem wundervollen P&O-Team, welches sich weit mehr vorgenommen hatte, als einfach nur den nötigen Laptop und Arbeitsunterlagen zuzuschicken. Sie haben direkt bewiesen, dass sich hier nicht nur um die Arbeit Gedanken gemacht wird, sondern sich auch stark um mein Wohlbefinden gekümmert wird.

Und das ging nicht nur mir so, wie ich im Austausch mit neuen Kolleg*innen aus anderen Standorten erfahren habe:

Daniel Helten von Zum goldenen Hirschen Köln hat mit den Arbeitsutensilien gleich ein ganzes Care-Paket zugeschickt bekommen. Mit dabei: Lesematerial gegen Langeweile in der Mittagspause, Nervennahrung in Form von Süßigkeiten, Sticker für ein wenig Hirschen-Dekoration im Mobile-Office. Zu guter Letzt noch das agenturtypische Bierchen für den Feierabend – vielleicht auch für ganz schlechte Zeiten zwischendurch ;). Da fühlt man sich doch direkt herzlich Willkommen und merkt wie viel Gedanken und Mühe sich gemacht wurden, die neuen Kolleg*innen auch auf Abstand bestmöglich zu begrüßen.

VON CALL ZU CALL

In den ersten drei Tagen haben sich viele Neueinsteiger*innen von Call zu Call gehangelt und alles war vollgepackt mit diversen Onboarding-Meetings. Microsoft Teams ist die Verbindung zu den neuen Kolleg*innen. Daniel von ZgH Köln bewundert, wie sich alle aus P&O, Office Management und IT extra viel Zeit nahmen, um ihn in alle wichtigen internen Angelegenheiten, Abläufe, Programme etc. einzuweihen. Dabei wurde viel Wert darauf gelegt klar zu kommunizieren, dass wir uns ohne schlechtes Gewissen jederzeit bei weiteren Fragen oder Schwierigkeiten melden können.

Neben den Onboarding-Meetings gab es auch die regelmäßigen täglichen Termine zum Status-Update. Diese festen Termine geben der Arbeitswoche Struktur und weitere Calls werden superschnell geplant und abgeklärt, fasst Alexander Schreiber von den 365 Sherpas zusammen. Florian Smarsly von Freunde des Hauses ergänzt: „Anders als im normalen Büroalltag sind meistens alle pünktlich zu einem Meeting und man arbeitet um einiges flexibler.“ Diese Flexibilität steht und fällt mit der Internetverbindung zu Hause. Es grenzt an ein Wunder, dass bei den vielen Calls keine nennenswerten Verbindungsfehler aufgetreten sind. Nur einmal hatte ich Schwierigkeiten mit meinem WLAN und kam dadurch 10 Minuten zu spät zu einem Meeting. Ich wurde aber mit vollstem Verständnis empfangen und erstaunlicherweise blieb es auch bei diesem einen Zwischenfall – bis jetzt zumindest. *Fingers crossed*

Für Sophia Tutsch von Zum goldenen Hirschen Wien sind die Funktionen „Zusammenarbeiten“ in Keynote und Screensharing in Teams zu absoluten Favorites geworden. Die Teams Chat-Funktion versucht zwar das schnelle Nachfragen beim Sitznachbarn oder kurze Absprachen in Büro-Gängen zu ersetzen. Aber die fehlende Möglichkeit mal eben über den Tisch eine Frage zu stellen oder sich kurz was am Rechner erklären zu lassen war trotzdem eine Herausforderung, findet Alexander von den 365 Sherpas. Ein Glück ist das dauerhafte remote Arbeiten nur eine vorrübergehende Lösung und Herausforderungen wurden trotzdem erfolgreich gemeistert.

PERSÖNLICHER ALS GEDACHT

„Ich kenne noch niemanden in echt, aber jeder kennt mein Wohnzimmer.“ – Stefan (ressourcenmangel)

Meine ersten Befürchtungen, das digitale Kennenlernen meiner neuen Kolleg*innen würde sich schwierig und zu unpersönlich gestalten wurden schnell widerlegt. Auch wenn es nicht in Person sondern via Videocall ist, treffe ich sie immerhin direkt bei sich im Wohnzimmer, in der Küche oder im Arbeitszimmer zu Hause, persönlicher geht es wohl kaum. Damit lerne ich meine neuen Kolleg*innen nicht nur in ihrem privatesten Umfeld kennen, mir wird auch direkt das ein oder andere kleine Familienmitglied vorgestellt. Die für alle neuen Alltagssituationen bringen eine ungewollte Komik mit sich, die nur unkontrollierbare Auftritte von eigentlich unerwünschten Akteuren eines Videocalls im Home-Office bringen kann. Die gelangweilten Kinder freuten sich um so mehr über diese Bühne und nutzten die Gelegenheit auch einen Beitrag zum Meeting zu leisten. Während morgens nur ein müdes „Hallo“ herauskam, war Mittags dann ein aufgeweckter Kommentator zur Stelle. Aber das gemeinsame Lachen über diese unerwarteten Situationen hat für eine sehr angenehme und lockere Stimmung gesorgt, die mir das Ankommen im Team zusätzlich erleichterte. Eines ist klar: Ich lerne meine Kolleg*innen zwar ganz anders kennen, als ich es im Büro getan hätte, aber keinesfalls unpersönlicher. Es ist eher auf einer tieferen Ebene – einfach ehrlicher, was ich als sehr positiv empfinde.

Zum gedanklichen Ankommen „auf der Arbeit“ verhalf mir der tägliche Check-In mit dem Team am Morgen, der besonders empfehlenswert ist beim langsamen Zurückkommen in die Agenturen. Wenn nämlich der direkte Austausch in der Agentur nicht für alle möglich ist und einige länger im Mobile-Office bleiben, werden dadurch allgemeine Abstimmungsprozesse erleichtert. Jeder wird auf den neuesten Stand gebracht, über To-Do’s, Zuständigkeiten, Abläufe, aber auch über das persönliche Befinden.

Damit man nicht immer die gleichen Leute im Videocall sieht, nämlich die mit hohem Redeanteil, setzen die Hirschen in Düsseldorf auf eine kreative Frage, die an jedem zweiten Tag in die Runde gestellt wird und von jedem Teammitglied beantwortet werden muss. So ist jeder mal zu sehen. Coole Idee, findet Neu-Düsseldorfer David Frühauf.

DIGITALE EVENTS

Das Social Distancing sorgte für die Organisation von kreativen Alternativen für die normalen Bürorituale. Wenn der morgendliche Kaffee und der damit verbundene Plausch an der Kaffeemaschine wegfällt oder ein gemeinsames Lunch im Restaurant nicht möglich ist, muss umgedacht werden, wie Franz Pfefferkorn von ressourcenmangel erklärt. Dort wurde z. B. der Digitale Lunch eingeführt, bei David von ZgH Düsseldorf war es der Digitale Kaffee. Die Regeln: Mit jeder Kollegin und jedem Kollegen durfte sich in einem 20-30 Minütigen Videocall über alles unterhalten werden, nur nicht über die Arbeit.

Daniel aus Köln hat das Chat-Roulette bei den Hirschen überzeugt „Absolut nachahmenswert sind die wöchentlichen Agentur-Calls, mit Updates zur Lage und einer Art Chat-Roulette, in der zufällig ausgewählte Kolleg*innen kurz ihren Arbeitsalltag und sonstige Gedanken äußern. So sieht man mal andere Gesichter und kriegt einen Eindruck, wie andere Teams mit der Situation umgehen. Böse Zungen würden behaupten, die eigentliche Intention wäre, jemanden in Unterhosen vor dem Rechner zu erwischen.“
Zu guter Letzt berichteten Franz und Stefan vom vollen Erfolg des digitalen Schnappsmittwoch bei ressourcenmangel in Berlin. Der Feierabend wurde somit auch gerettet.
Aber nicht nur der neue Arbeitgeber hat sich kreative Alternativen überlegt. Auch die neuen Hirschen waren kreativ: Christian Beissel von den prodeers Köln hat für sich das Kollegen-Memory entdeckt: „Ich starre auf den Bildschirm und versuche die Kollegen im Videocall den Bildern und Funktionen im Organigramm zuzuordnen. Wenn’s mal nicht klappt, macht nichts, erfährt ja keiner.“

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